h. 70. Das Frankenreich.
189
Er führte mit den heidnischen Sachsen, welche fortwährende
Raubeinfälle in das fränkische Gebiet machten, einen lang-
wierigen Religionskrieg, da ohne Ablegung des Heidenthums
und Annahme des Christenthums an keine Zähmung dieses
wilden Volkes zu denken war. Weil ihnen aber die Taufe
durch das Schwert aufgezwungen wurde, so standen
sie nach jeder Unterwerfung immer wieder auf, bis sie sich
endlich, durch viele Niederlagen gedemüthigt, nach 31 Zäh-
ren zu einem dauernden Frieden (803), und durch den Vor-
gang ihres Herzogs Wittekind zur allgemeinen Annahme
des Christenthums bequemten, wogegen sie ihre alte Verfas-
sung beibehalten durften.
Schon bald nach Anfang des Sachsenkrieges hatte Karl,
auf einem Zuge gegen die Lombarden, den König derselben,
Desiderius, bei Pavía besiegt und das lombardische
Reich mit dem fränkischen vereinigt. — Etliche Jahre darauf
machte Karl, während einer kurzen Ruhe der Sachsen, einen
Zug gegen die Mauren (oder Araber) in Spanien,
und nahm deren Land bis an den Ebro ein. — Nach Be-
endigung des Sachsenkrieges züchtigte er die S laven an
der Elbe und die Normannen in Dänemark, weil
sie den Sachsen geholfen hatten. — Hierauf dämpfte er einen
Aufstand der Bayern unter Thassilo Ii, und zog gegen
die räuberischen Avaren in Ungarn, die er bis hinter
die Raab zurückdrängte.
So umfaßte nun das fränkische Reich alle Län-
der von der Eider bis zum Ofanto (in Unterita-
lien) und von dem Ebro bis zurraab und Elbe,
und alles beugte sich vor Karl's mächtigem Geiste, womit er
allein das große Reich ordnete und lenkte und die Bedürfnisse
so verschiedenartiger Völker befriedigte.
Um die monarchische Gewalt zu befestigen, schaffte er al-
lenthalben die Herzogswürde ab, und setzte dagegen zur
Handhabung des Rechts über die einzelnen Gaue Richter
(Grafen), deren Amtsführung er durch königliche Send-
boten von Zeit zu Zeit untersuchen ließ. — Um die Gemüther
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Thassilo
§. 71. Das deutsche Reich.
191
der Kahle die Herrschaft über Westfrankreich, und Lud-
wig die Herrschaft über Deutschland bekam.
2. Das deutsche Reich und die Vorherr-
schaft der Deutschen in Europa.
§. 71. ^tlit dieser Thcilmig trat Deutschland als eige-
nes Reich auf, das bald an innerlicher Kraft und äußer-
licher Macht die beiden andern karolingischen Reiche über-
ragte.
Mit Ludwig dem Deutschen beginnt
843—911 die Reihe der deutsch - karolingischen Könige,
die noch große Mühe hatten, das neue Reich gegen drei ver-
derbliche Feinde zu schützen: gegen die Normannen, die
von Dänemark und der scandinavischen Halbinsel her, —
gegen die Slaven, die von der Elbe her, und gegen die
Madyaren (spr. Madscharen), die von der Theiß aus
Ungarn her jährlich verheerende Einfälle oft bis in das Herz
von Deutschland machten, so daß, um die Gränzen oder Marken
besser zu vertheidigen zu können, die Könige gar bald die
Herzogsmacht, welche Karl der Große abgeschafft hatte,
wieder aufkommen lassen mußten.
Daher, und weil der letzte Karolinger, Ludwig das
Kind, äußerst schwach war, kam es, daß große Unordnung
in Deutschland einriß, indem einerseits die Herzöge oder Für-
sten die Übermacht an sich rissen und die Königsrechte schmä-
lerten, anderseits das Faustrecht (d. i. die Anwendung ge-
waltsamer Selbsthülfe) auf das verderblichste überhand nahm.
Nach dem Erlöschen des deutsch-karolingischen Geschlechts
wurde Deutschland ein Wahlreich, indem die deut-
schen Volksstämme zusammentraten und
911 Konrad I, Grafen von Ostfranken, zum König wählten.
Weil er aber fühlte, daß die Macht seines Hauses zur Her-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Karl_der_Große Karl Ludwig Ludwig Konrad_I Konrad
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Deutschland Ungarn Deutschland Deutschland Deutschland
158
§. 60. Anfang des römischen Kaiserreichs.
sich sehnten: so ließen sich beide Theile, in denen ohnedieß
der republikanische Geist längst untergegangen war, die mo-
narchische Regierungsweisc gern gefallen, um so mehr, da der
kluge Augustus noch den Schein der Republik beibehielt und
seine errungene Macht mit der größten Milde und weisesten
Mäßigung gebrauchte. Und so erlebte unter ihm Rom die
ruhigste Zeit, und selbst in den Provinzen herrschte we-
nigstens äußere Ordnung und Sicherheit.
Von Augustus und seinem Freunde M ä c o n a s geschützt
und gepflegt, blüheten in Rom Künste und Wissen-
schaften, und Dichter wie Horallus, Virgilios,
Ovidios, Tibollus re.; Geschichtsschreiber wie Sal-
luftius und Livius trugen bei, daß man jenes Zeitalter
das goldene nannte, obwohl sie alle mehr oder weniger
die Griechen zu ihren Vorbildern nahmen. — (Das Studium
der Schriften dieser und der übrigen römischen Autoren saus
denen der schon genannte Redner Cicero und der dem sil-
bernen Zeitalter angehörige Geschichtsschreiber Tácitos
noch besonders hervorzuheben sind) gewährt uns, in Verbin-
dung mit dem Studium der schon oben berührten noch wich-
tigeren griechischen Literatur, die Wohlthat dessen, was man
klassische Bildung nennt, welche — wo sie sich in das
rechte Verhältniß zum Christenthum gesetzt hat und mit dem
Lichte desselben zur Betrachtung jener Klassiker anleitet, nicht
aber dieses ersetzen oder gar sich ihm entgegensetzen will, —
nicht nur als das kräftigste Schutzmittel wider alle Barbarei,
sondern auch als das Hauptmittel zur Befestigung der christ-
lichen Wahrheit selbst sich bewährt.)
Die Kriege, die Augustus führte, zielten meist auf Be-
festigung der Reichsgränzen ab, und gaben jedenfalls den
Heeren die nöthige Beschäftigung. Er ließ die Völker des
nördlichen Spaniens und alle Länder zwischen den
Alpen und der Donau unterwerfen und auch einen Ver-
such zur Unterjochung Germaniens machen, dessen
Völkerschaften ihm am Rhein und an der Donau als lästige
Nachbarn erschienen. Zwischen den Jahren
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Extrahierte Personennamen: Augustus Augustus Augustus Cicero Tácitos Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Rom Spaniens Donau Germaniens Rhein Donau
§. 64. Das röm. Reich von Nero bis Constantin.
173
2. Von Nero bis Constantin.
§. 64. Hade) Domitians Ermordung folgte zwischen den Jahren
96- 189 eine Reihe von fünf edel n, durch den Senat ge-
wählten Cäsaren, unter denen das römische Reich glück-
liche Zeiten hatte.
Der milde und gerechte Nerva (96 — 98) gab dem
Reiche zweckmäßige Einrichtungen; der ihm gleiche und da-
bei tapfere Trajan (98 —117) machte Dacien zur rö-
mischen Provinz und nahm den Parthern Armenien, Me-
sopotamien und Assyrien ab; der friedliebende und
thätige Hadrian (117 — 158) durchreiste oft zu Fuß den
größten Theil des Reichs und traf überall wohlthätige An-
ordnungen: doch ließ er die Christen verfolgen, weil
er sie für eine jüdische Seele hielt, die Juden aber durch ei-
nen neuen Aufruhr (unter Anführung des Bar-Cochba oder
Sternensohns, eines falschen Messias) seinen Zorn so gereizt
hatten, daß sie Jerusalem gänzlich verlassen mußten, das nun
von römischen Colonisten besetzt und neu gebaut wurde, und
den Namen Ä l i a C a p i t o l i n a erhielt.
Der edle und gerechte Antoninus Pius (138—161)
erhielt durch rastlose Thätigkeit die Ruhe des Reichs, Mar-
cus Aurelius Antoninus Philosophus (161 —
180) aber, der nach den Grundsätzen der stoischen Philoso-
phie durch Strenge gegen sich selbst den Anforderungen des
Gewissens möglichste Genüge zu thun suchte, mußte in den
schweren Markomannenkriegen an der Nordgränze
seines Reiches erfahren,-daß die größte Gefahr für das römi-
sche Reich von Seite Deutschlands drohe.
Nach Marc Aurel's Tode beginnt mit seinem Sohne
Cornrnödus, der ein zweiter Nero war,
189—393 die Reihe der meist schlimmen Cäsaren, die
größtentheils durch die Wahl des Heers zum Thron erho-
den wurden, und (mit Ausnahme weniger, zu denen vor-
züglich der edle Alexander Severus, 222 — 235, und
der „Wiederhersteller des Reiches" Aurelian, 270 — 284,
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Extrahierte Personennamen: Constantin Constantin Nerva_( Aurelius_Antoninus_Philosophus Marc_Aurel's Alexander_Severus Alexander
z. 65. Sieg des Chrkstenthums über das Heidenthum. 177
der Gesinnung bei den meisten Christen ab; und da nicht das
ganze Leben der Kirche nach Innen und Außen vom christ-
lichen Geiste durchdrungen ward, sondern heidnische Gebräuche,
heidnische Gesetze, heidnische Philosophie fortwährend ihren
geheimen Einfluß übten: so überwog in der Kirche nur zu
bald die äußere Form über das innere Wesen und that der
Wirkung des Evangeliums Abbruch.
Eben das bereits eingerissene Verderbniß unter vielen Be-
kennern der christlichen Kirche und die verkehrt-christliche Er-
ziehung, welche Constantius' Nachfolger Juliarrus (Apostñta,
361—363) am Hofe erhalten hatte, war Schuld, daß dieser
sonst geistvolle und sittenstrenge, aber von Leidenschaftlichkeit
und Eitelkeit nicht freie Kaiser sich lieber der heidnischen Phi-
losophie zuwendete, und in seinem, nur auf das Äußerliche
gerichteten Sinne das Christenthum verspottete, dagegen das
Heidenthum durch Verbesserung seines Cultus wieder zu be-
leben suchte. Doch dieß gelang ihm nicht, und als er in einer
Schlacht gegen die Perser gefallen war, setzte sein Nachfolger
I o v i a n das Christenthum wieder in seine Rechte ein.
Während hierauf Kaiser Valentinian I im Occident
Duldung übte, begünstigte Valens, sein Bruder und Mit-
regent im Orient, den Arianismus, und verfolgte die An-
hänger der allgemeinen Kirche. Erst der Nachfolger des
letztem, Theodosius der Große (379—395), verschaffte
durch die obgenannte Kirchenversammlug zu Constantinopel
(381) dem nicänischen Glaubensbekenntnisse allgemeine
Geltung, und suchte, besonders als er 392 alleiniger Herrscher
über das ganze Reich wurde, durch das strengste Verbot des
Götzendienstes den Sieg des Christenthums zu befestigen.
Allein die römische Welt war sittlich schon zu versunken., als
daß das Evangelium in ihr hätte lebendig werden können.
Dasselbe bedurfte einen frischeren, unverdorbeneren Boden,
um recht tiefe Wurzeln schlagen zu können. Und diesen fand
es in der germanischen Welt.
12
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179
z. 66. Die Deutschen und die Völkerwanderung.
allemannisch e, fränkische, sächsische und gothische
Bund zu nennen sind) zusammentraten, konnten sich die
römischen Imperatoren der furchtbaren Anfälle der Deut-
schen nur mit Mühe und Noch erwehren, und mußten
froh sepn, wenn sie da oder dort ein deutsches Volk durch
Geschenke oder Heerdienstverträge auf eine Zeit lang unschäd-
lich machten. Bald aber kam ein Ereigniß, welches das morsch-
gewordene Gebäude des römischen Staates seinem Einsturze
näher bringen sollte.
Es brachen nämlich die Hunnen aus Mittelasien in
den Osten von Europa ein und führten
37$ die Völkerwanderung herbei, welche die bisherige
Gestalt der alten Welt gänzlich umwandeln sollte.
Nachdem die Hunnen die Alanen am Don überwältigt
hatten, überfielen sie mit ihnen die benachbarten Ostgothen,
wälzten sich mit diesen auf die Westgothen, die sodann
über die Donau in's thrazische Gebiet wichen, das ihnen
Kaiser Valens einräumte. Weil sie aber von den Römern
treulos behandelt wurden, rächten sie sich durch einen Aufstand
und besiegten die Römer in der großen Schlacht bei
Adrianopel (378), die dem Kaiser Valens das Leben kostete;
worauf sein Nachfolger, Theodosius der Große, die
Westgothen durch neue Verträge beruhigte.
Bei seinem Tode verordnete Theodosius
393 die Theilung des römischen Reichs unter seine beiden
noch jungen und schwachen Söhne, von denen Arcadius
das oströmische (morgenländische, griechische) Reich von
Constantinopel aus, Honorius das weströmische (abend-
ländische) Reich von Rom oder Ravenna aus beherrschte.
In das weströmische Reich fiel bald ein ungeheuerer
Schwarm deutscher Völker von den Alpen her ein, wurde
aber durch des Kaisers Vormund und Rathgeber, den klugen
und tapfern Vandalen Stllicho, noch glücklich zurückge-
wiesen, und die Reste desselben setzten sich in Gallien und
Spanien fest. Kurze Zeit darauf, nach Stilicho's Sturze,
fielen die Westgothen in Italien ein, und eroberten
12«
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Extrahierte Personennamen: Valens Theodosius_der_Große Theodosius Honorius Honorius
Extrahierte Ortsnamen: Deut- Mittelasien Europa Donau Constantinopel Rom Ravenna Gallien Spanien Italien
181
und germanische Reiche und Einrichtungen.
486 das fränkische Reich, das er alsdann im Kampfe mit
den Allemannen (durch die Schlacht bei Zülpich, 496),
so wie in den darauffolgenden Kriegen mit den Burgun-
dern und mit den Westgothen erweiterte. — Daß beson-
ders Gallien eine so leichte Beute der germanischen Völker
werden konnte, kam daher, daß das durch die Laster des römi-
schen Despotismus vergiftete, ohnedieß so leichtfertige gallische
Volk bis zu den tiefsten Graden der Verworfenheit, besonders
in den Städten, herabgesunken war..
Ohngefähr um dieselbe Zeit drangen die Ostgothen
unter ihrem großen Könige Theodorich in Italien ein,
nahmen dem Odoaker die Herrschaft und gründeten
463 das ostgothifche Reich, das unter Theodorich's weiser
und kräftiger Regierung 33 Jahre lang in blühendem Zu-
stande war, unter seinen Nachfolgern aber den Angriffen der
vom oströmischen Kaiser Justinian abgeschickten Feldherren,
zuerst des Belisar (der 534 auch dem vandalischen Reiche
in Afrika ein Ende gemacht hatte), und dann des Narses,
gänzlich unterlag (555).
Nachdem Narses Italien als Provinz des oströmischen
Reiches 15 Jahre lang verwaltet hatte, brachen nach seiner
Abberufung die Longobarden unter ihrem Könige Alboin
ein und stifteten
368 das longobardifche Reich, welches Ober- und Unter-
italien umfaßte, ohne daß es den Lombarden je gelang, sich
Mittelitaliens völlig zu bemächtigen, wo in Ravenna ein
griechischer Statthalter (Erarch), in Rom der Papst seinen
Sitz hatte.
So hatten denn deutsche Völker fast das ganze west-
römische Reich (in Italien, Spanien, Gallien und Britannien)
eingenommen, indeß der verlassene Osten Deutschlands von
slavischen Völkern besetzt wurde, die übrigen Theile Deutsch-
lands aber noch immer von ihren alten Besitzern, den
Sachsen, Friesen, Thüringern, Alle mannen und
Ost franken, bewohnt waren. Während diese ihre alte,
germanische Gauverfassung beibehielteu, bildete sich in den
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal]]
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Extrahierte Personennamen: Narses_Italien
Extrahierte Ortsnamen: Burgun- Gallien Italien Afrika Ravenna Rom Italien Spanien Gallien Britannien Deutschlands Sachsen
182 §. 67. Untergang des weströmischen Kaiserreichs re.
neugegründeten Reichen der Franken, Ostgothen und
Longobarden die Lehensverfaffrrng oder das F eu -
wesen aus.
Von dem eroberten Lande nämlich behielt der König einen
Theil als Privateigenthum, einen Theil ließ er den besiegten
Einwohnern gegen Zins, einen Theil vertheilte er unter sein
Gefolge, und was jeder Einzelne aus dem Gefolge bekam,
gehörte ihm als freies Eigenthum (Allod), für welches er
auch fernerhin die allgemeine Heeresfolge leisten (tn dem
Heerbann mit.ziehen) mußte. Wen aber der König noch
außerdem zu seinen befondern Diensten verpflichten wollte,
dem gab er vom königlichen Privateigenthum einen Theil zu
lebenslänglichem Genüsse, der Lehnsgut hieß, und wofür
der Lehnsmann (Vasall) dem Lehnsherrn stets zu Dienst
treu-gewärtig seyn mußte: versäumte er feine Pflicht, so
konnte der Lehnsherr das Gut wieder einziehen.
Ein ganz gleiches Verhältniß hatte Statt, wenn sonst ein
reicher Allodbesitzer Theile seines freien Gutes an Leute seines
Gefolges lehensweife vergab. Auf diesem Lehensverbande be-
ruhte im Mittelalter der Bestand der monarchischen Verfas-
sung und der ganzen bürgerlichen Ordnung. Durch die Franken
kam das Lehenswefen auch in Deutschland auf.
Von den germanischeü Völkern wendeten sich am frühesten
die Gothen (durch Ulphilaö 359), sodann die Vandalen,
Sueven, Burgunder und Langobarden zum Christenthum,
wiewohl nach der arianischen Lehre. Als aber die Franken
durch Chlodwig das Christenthum nach dem katholischen
oder allgemeinen Bekenntnisse annahmen, so erhielt letz-
teres allmählig die Herrschaft im Abendlande.
Dies war wichtig, weil die altrömische Kirche nicht nur
die christlichen Grundlehren am treuesten bewahrt hatte, son-
dern auch fester geordnet war: denn es ist begreiflich, daß die
im beständigen Kriegsleben verwilderten Völker durch das
bloß äußerliche massenweise Taufen noch nicht zu wahren
Christen umgewandelt wurden; daher schon viel gewonnen
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§. 54. Der zweite punische Krieg. 139
thagischen Feldherrn Hamilkar Barkas nicht daraus
verdrängen konnten, so wollten sie doch von einem Frieden
nichts wissen, sondern rüsteten aus Privatbeiträgen eine neue
Flotte aus, mit welcher 242 C. Lutatius Catulus den
Karthagern eine solche Niederlage beibrachte, daß diese Sizi-
lien räumten und ungeheuere Summen Kriegsentschädigung
zahlten. So wurde denn
241 Sizilien römische Provinz.
Die Erschöpfung, in welche Karthago dadurch, so wie
durch einen Krieg mit seinen Söldnern gerieth, benutzten bald
darauf die Römer und brachten die Karthager durch An-
drohung eines neuen Krieges zur Abtretung von Sar-
dinien und Corsica.
Die gleich darauf folgenden Kriege Rom's mit den c i s-
alpinischen Galliern in Oberitalien hatten die gänz-
liche Bezwingung derselben zur Folge, so daß seit
222rom's Herrschaft sich auch über Oberitalien
er st reckte, das als Gallia cisalpina römische Pro-
vinz wurde.
2. Der zweite punische Krieg.
§. 54. Unterdessen hatten sich die Karthager, um sich für die er-
littenen Verluste zu entschädigen, nach dem gold- und silber-
reichen Spanien gewendet und durch Hamilkar Barkas
und dessen Schwiegersohn Hasdrubal fast das ganze Land
bis an den Ebro erobert, den sie aber nun durch die Römer
genöthigt wurden, als Gränze anzusehen.
Nach Hasdrubal's Tode wurde Harinibal, der noch
junge, unter den Gefahren des Krieges ausgewachsene Sohn
des Hamilkar Barkas, vom karthagischen Heere zum Feldhcrrn
gewählt. Dieser, von unversöhnlichem Hasse gegen Rom be-
seelt, sah voraus, daß es doch mit den Römern zu neuem
Kampfe kommen würde, und wollte daher lieber angreifend
verfahren.
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148
§. 57. Der erste Bürgerkrieg.
nicht anders zu helfen wußten, als daß sie den kriegser-
fahrnen Marius, der eben vom jugurthinischen Kriege zu-
rückkehrte, während der Dauer des Krieges gegen die Ger-
manen viermal hintereinander zum Cónsul wählten.
Seiner Bemühung gelang es auch, ein neues Heer zu
schaffen und an strengere Kriegszuchd zu gewöhnen, hierauf,
als die Germanen auf verschiedenen Wegen in Italien ein-
brechen wollten, zuerst
102 die Teutonen bei Aquä Sertiä (an der Rhone),
so wie
101 die Cimbern auf der raudischen Ebene bei Ver-
cellä gänzlich zu vernichten.
Hierauf erlangte Marius durch die Verbindung mit ganz
verworfenen Menschen seiner Partei zum sechstenmal das
, Eonsulat, mußte aber selber ihren verbrecherischen Aus-
schweifungen entgegen treten, so daß ihrer eine Menge im
Kampfe erschlagen wurden.
2. Der erste Bürgerkrieg.
§. 57. Aiese Unruhen waren die Vorboten zu noch größeren,
die in verheerenden Bürgerkriegen den Untergang der
Republik herbeiführten. Indem sich die Hoffnung des Volks
an den Namen des Marius heftete, fühlte sich von nun an
Sulla, der bisher in den Kriegen sich neben Marius be-
sonders ausgezeichnet hatte, durch Geburt und Bildung
berufen, die Partei der Vornehmen zu vertreten: und so
waren beide Männer um so mehr natürliche Feinde, als
sie beide von gleicher Ehrsucht getrieben wurden.
Ehe aber noch beide Parteien aneinander geriethen,
brach
So—88 der Bundesgenossenkrieg aus, d. i. der Krieg, den
die Bewohner Italiens, die man Bundesgenossen nannte,
um das volle römische Bürgerrecht, das sie bisher vergebens
verlangt hatten, mit Rom führten. Sie waren anfangs
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Marius Marius Marius Marius Sulla Sulla Marius Marius